Die zersägte Frau

 

Eine Solo-Performance von Angelika Waniek – entstanden in Zusammenarbeit mit der Künstlerin und Bühnenbildnerin Doris Dziersk in Kooperation mit der Schaubühne Lindenfels.

Angelika Wanieks Solo-Performance ist ein Spiel mit der Illusion. In einer Interaktion von Objekten, Körper und Sprache wird Unsichtbares sichtbar. Der 1922 in den USA patentierte Zaubertrick „Sawing a woman in half“ des Magiers Horace Goldin ist Ausgangspunkt der Performance. Eine Frau wird in Unter- und Oberleib zerzägt und anschließend wieder zusammengefügt. Während den ersten Vorführungen, so wird erzählt, sollen ZuschauerInnen in Ohnmacht gefallen sein.

Der Frauenkörper und unterschiedliche Ausprägungen gesellschaftlicher Projektionen auf ihn sind nicht nur bis heute virulent in Zaubershows und anderen Bühnenformaten, sondern auch in Malerei, Literatur, Film, Computerspielen sowie der Wissenschaft. Eine Gegenposition dazu nimmt die Performancekunst der 1960er und 1970er Jahre in Europa und den USA, vertreten z.B. durch Valie Export, Marina Abramovic und Ana Mendieta, ein.

Die Solo-Performance ist ein Spiel mit Illusion. In einer Interaktion von Objekten, Körper und Sprache wird Unsichtbares sichtbar. Zauberei ist auch dabei: Dinge schweben, etwas wird aus dem Nichts produziert, Körper werden getrennt und das Körperlose kommt zum Vorschein. Konkret: Es ist der Körper einer Frau, der hier zerschnitten, zerkleinert, als Zielscheibe genutzt, gezerrt, zum Verschwinden gebracht wird und als Ganzes wieder auftaucht.

Jurybegründung: Das Zersägen einer Frau auf offener Bühne, die Zerteilung ihres Körpers in Ober- und Unterleib und die Neuverfügung dieses Körpers, also die Neubelebung dieser Frau, dank der Macht „männlicher“ Magie: Es ist inzwischen ein Klassiker klassischer Zaubershows, womit 1922 der Illusionist Horace Goldin für Furore sorgte. Unter dem Namen „Sawing a woman in half“ ließ sich der einst jene Nummer patentieren, die jetzt ihrerseits der Künstlerin Angelika Waniek den Anstoß zu „Die zersägte Frau“ lieferte. Eine Soloperformance, die Sprache, Bewegung, Objekte wie Einzelorgane vorführt – und sie zu einer magischen Melange melancholisch-witziger Skurrilität verfügt. Was sich darin nun auch in seiner poetischen Eigenheit abzeichnet, ist nicht weniger, als die stille Erzählung von der Sehnsucht nach einer Umkehrung, der Heilung unheilbarer Wunden, der Überwindung der Gewalt.

Eine Solo-Performance von Angelika Waniek – entstanden in Zusammenarbeit mit der Künstlerin und Bühnenbildnerin Doris Dziersk in Kooperation mit der Schaubühne Lindenfels. Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes. Zudem gefördert durch das Kulturamt Leipzig.

Beteiligte:
Konzept und Performance: Angelika Waniek | Bühnenbild: Angelika Waniek im Dialog mit Doris Dziersk | Outside eye und Bühnenbild: Doris Dziersk.

Angelika Waniek (*1975) lebt und arbeitet als Performerin in Leipzig. Sie studierte Medienkunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig und Freie Kunst an der Muthesius Kunsthochschule Kiel. Seit dem WS 2014/2015 lehrt sie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig im Fachbereich Medienkunst. In ihren Solo Performances analysiert sie bestehende kulturelle und historische Narrative, die mit den jeweiligen Aufführungs- und Ausstellungsorten verbunden sind und erzählt diese in einer „Waniekschen“ Storytelling-Manier wieder. In ihren Arbeiten im Kontext der Bildenden Kunst ergeben sich Überschneidungen mit AkteurInnen aus den Bereichen Literatur, Tanz und Theater. Zusammen mit Martina Hefter und Ulrike Feibig ist sie Teil des Leipziger Performancekollektivs Pik7. 2016 kaufte der Freistaat Sachsen über die Kulturstiftung des Landes erstmals Performances an, darunter auch drei von Angelika Waniek.

Doris Dziersk (*1973) lebt und arbeite in Leipzig. Sie studierte in London freie Kunst und arbeitet als bildende Künstlerin und Bühnenbildnerin. Ihre Arbeiten zeichnen sich durch hohes Kontextbewußtsein aus: der Ort und das Thema der Arbeit bestimmen maßgeblich Medium und Form. Sie entwirft Bühnenbilder, Installationen und Videos. Kooperationen erfolgten bisher mit den ChoreografInnen und RegisseurInnen Meg Stuart, Enrico Stolzenburg, Peter Kastenmüller, Matthaei&Konsorten, Gesine Danckwart, Doublelucky und zur Zeit mit den Berliner Festspielen. Sie entwickelte Installationen für X Wohnungen in Berlin und Caracas, für den Steirischen Herbst, das C 60 Collaboratorium, auf Einladung von raumlabor berlin und in Kollaboration mit der bildenden Künstlerin Anke Philipp, mit der sie unter anderem die Neugestaltung der Residenz der Leipziger Schauspiels unter der neuen Leitung von Thomas Frank entwickelte. Doris Dziersk wurde für ihre Arbeit 2009 mit dem Hamburger Rolf-Mares-Preis und 2012 mit dem New Yorker Bessie-Award ausgezeichnet.

Foto: Doris Dziersk