Preisträger, Nominierte und weitere Bewerber 2018

SURROUND Overhead Project

in Kooperation mit LOFFT – DAS THEATER

Ein Stück über das Verhältnis des Menschen zur Herde, ein Performance-Parcours zwischen führen und führen lassen. Alles dreht sich. Die Sorgen um die globalen politischen Veränderungen schlagen um sich. Bei so viel Rechts-Verliebtheit scheint doch vor allem eines auf dem Spiel zu stehen: die Demokratie. Als würden Freiheit und Gleichheit wieder zur Utopie. Unser System ist in der Krise oder zumindest auf sehr genauem Prüfstand, und die Autoritären nutzen die Gunst der Stunde. Es ist vor allem der Sehnsuchtsschmerz nach der Macht, der einen mitreißenden Strudel verursacht. Und die wichtigste Frage ist: Bist du drin oder draußen? Im Vormarsch der Mächtigen muss nun jeder seinen Platz finden – im Herdentritt, am Rand oder doch mit den Zügeln in der Hand.

Overhead Project steht für Arbeiten an der Genregrenze von Zeitgenössischem Circus, Tanz und Performance. Wo Provokation auf Vertrauen, Zusammenhalt auf Abstoßung und Höhe auf Fallen trifft, zerlegen ihre circus-choreografischen Inszenierungen das, was zwischen den Körpern, zwischen den Menschen liegt.

Die Gründer Tim Behren und Florian Patschovsky wurden gemeinsam an der renommierten Brüsseler Circushochschule Ecole Superieure des Arts du Cirque (ESAC) ausgebildet. Anschließend zog es die beiden in die zeitgenössische Tanzszene. Die Produktionen entstehen in enger Zusammenarbeit mit künstlerischen Kollaborateuren und werden entweder in der freien Szene produziert oder als Gastchoreografien an Stadttheatern.

Die Arbeiten wurden vielfach mit internationalen Preisen ausgezeichnet (u.a. mit Tanzpreisen der Städte Stuttgart, Köln, Dortmund, Ludwigshafen, Bern, Budapest und Jerusalem). 2015 wurde Overhead Project der Förderpreis für junge KünstlerInnen vom Land Nordrhein-Westfalen für ihr bisheriges herausragendes künstlerisches Schaffen verliehen.

Jurybegründung Alle versuchen, sich dem Pauschenpferd gegenüber zu positionieren, das als Pendel durch den Raum schwingt. Der Kopf weiß: Die Gesetze der Physik lassen sich nicht außer Kraft setzen. Der Bauch ahnt: Es gibt keine Sicherheit. Das fasziniert, macht Angst, erfordert Mut. Die zwei Akrobaten und zwei Tänzerinnen von Overhead Project entwickeln in dieser außergewöhnlichen Raumsituation ebenso außergewöhnliche tänzerische Muster, bewegen sich um die Mitte, formen das Publikum und liefern es den unheimlichen Kräften aus.

Konzeption Tim Behren
Inszenierung + Performance Tim Behren, Florian Patschovsky
Kreation + Performance Mijin Kim, Silvia Ehnis (Susanne Schneider)
Musikalische Komposition + Musikdramaturgie Simon Bauer
Lichtkreation + visuelle Dramaturgie Charlotte Ducousso
Dramaturgische und Philosophische Beratung Eric Eggert
Kostüme Sabine Schneider
Technische Begleitung + Rigging Garlef Keßler, Anders Jensen
Produktionsleitung Theresa Hupp, Jari Ortwig
Management + PÖ mechtild tellmann kulturmanagement

Eine Theaterproduktion in Kooperation mit LOFFT – DAS THEATER
Gefördert von der Stadt Leipzig, Kulturamt. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes. Gefördert durch den Landesverband Freie Tanz- und Theaterschaffende Baden-Württemberg e.V. aus Mitteln des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg; Kunststiftung NRW; Stadt Köln, Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen; RheinEnergieStiftung Kultur; NATIONALE PERFORMANCE NETZ (NPN) Koproduktionsförderung Tanz aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Foto (c) Thilo Neubacher, v.l.n.r.: Ronald Schubert (Vorsitzender Bewegungskunstpreis und Festival), Tim Behren (Overhead Project), Stefan Ebeling (Moderator), Mijin Kim, Silvia Ehnis Simon Bauer, Florian Patschovsky (Overhead Projact), Dr. Skadi Jennicke (Kulturbürgermeisterin der Stadt Leipzig).

Die Jury über den Preisträger des Leipziger Bewegungskunstpreises 2018 

Wer beim Theaterbesuch ein Pauschenpferd von der Decke hängen sieht, wird dies mit ziemlicher Sicherheit als ungewöhnlich empfinden. Das kennt man nicht vom Theater, vor allem aber kennt man es nicht von dem Turngerät, das üblicherweise auf dem Boden zu stehen pflegt. Und mutmaßlich ist das Pauschenpferd ein Gegenstand, der im Alltag der meisten Theaterbesucher überhaupt keine Rolle spielt.

Das Pauschenpferd hängt also von der Decke. Die Besucher sind animiert, das darunter präparierte Kreisrund abzulaufen. Das Pauschenpferd setzt sich in Bewegung, schwingt um eine gedachte, sich immer wieder von Neuem verschiebende Achse. Über den Köpfen scheint es einmal hier beinahe den Körper eines Besuchers zu treffen, beim nächsten Mal dort fast an der Wand abzuprallen. Overhead Project haben da logischerweise irgendwie ihre Finger drin. Wohl auch deshalb erscheint es fragwürdig, wenn sie auf einen zugehen, einen auffordern, mitzukommen, und man dann von ihnen durch das Kreisrund des bespielten Raumes geführt wird. Mitten hindurch und unter diesem pendelnden schweren Ding lang, in schnellen Schritten. Hält das da oben? Kann das Ding nicht runterknallen? Wem kann man hier vertrauen?

Es fühlt sich wie ein großes Wagnis an, dass man das mit sich machen lässt. Schweißnasse Handflächen treffen nach der ersten Durchquerung auf die Erleichterung, dass man es geschafft hat, ja: dass man überlebt hat. Die Augen signalisieren den anderen, dass das klappt, womöglich sogar halb so schlimm ist. Manche werden schon zum x-ten Mal durch den Raum geführt oder machen sich auf eigene Faust auf den Weg. Andere drücken sich eher panischen Blicks mit dem Rücken an die Wand, um nicht geholt zu werden. (Sie werden nicht geholt.) Alles in allem zeigen schon die ersten Momente: Das hier ist kein Spaß.

Nachdem nun jeder und jede für sich versucht hat – mehr oder minder betreut –, zum Pferd eine Haltung zu entwickeln, weitet sich die Wahrnehmung. Das gewichtige Schwing-Her, Schwing-Zurück ist das eine. Die anderen Besucher sind das andere. In diesem Raum befindet sich eine Gruppe und zu jeder Gruppe gehört Dynamik. Zur Dynamik tragen jene bei, die ohne Aufforderung und ohne Betreuung durch den Raum rennen, um sich freiwillig dem Pauschenpferd auszusetzen. Vielleicht stecken sie mit den Machern unter einer Decke. Vielleicht stecken sie wie diese mit dem Pferd unter einer Decke.

Vor allem heißt Gruppendynamik, wie so oft im Theater und auch anderswo: Die Gruppe der Besucher tut im Großen und Ganzen wie ihr geheißen und formiert sich brav zur Herde.Wenn man tut, was die Mehrheit tut, kann man doch eigentlich gar nicht so falsch liegen. Oder? Das 20. Jahrhundert lässt grüßen. Heute Abend geht es ganz gewiss nicht darum, im Widerspruch zur Gruppe Rückgrat zu beweisen, schon gar nicht darum, als Gruppe Rückgrat zu beweisen. Rückgrat wogegen denn eigentlich? Die autokratischen Regierungen dieser Welt befinden sich nicht in diesem Raum und auch sonst gefühlt weit weg.

Längst schon hat sich das Ensemble aus den zwei Akrobaten Tim Behren und Florian Patschovsky und den zwei Tänzerinnen Mijin Kim und Susanne Schneider neu konfiguriert, vollführt einen Tanz, während die Herde wiederum vor der Frage steht, wie sie sich als solche verhält und wo sich die Einzelne, der Einzelne positioniert. Der weiterhin bestehende Kreis ist bei Weitem kein Zirkus. Tanz wie Akrobatik mit diesem Ding, diesem Pferd, das mal in enger Ellipse, mal in weiter Ellipse die Luft durchpflügt, mal beruhigt wirkt, mal sich aufzubäumen scheint, dienen bei Weitem nicht nur der Ausstellung von Körperkunst. Hier geht es auch um Schmerzgrenzen. Da wollen Besucher empört aufjaulen, als eine Tänzerin sie berührt, merken aber schnell zweierlei: dass erstens die Berührung gar nicht wehgetan hat, auch wenn sie unerwartet und unerwartet grob war. Und dass zweitens sie der zufällige Spielball in einem Szenario von Gruppe und Vereinzelung sind, in dem es eigentlich nur falsche Reaktionen geben kann.

Demokratie, die echte Demokratie wäre eine ganz andere Nummer. Da wäre Partizipation möglich, da wäre die Herde nicht zur Passivität verdammt. Und das ist es auch, was Einzelne merklich gegen die Herde aufbringt: Dieses passive Rumgestehe als Ansammlung von Leuten. Das »wir« gegen »die«. Die Macht des Ensembles gegen die Ohnmacht der Herde. Vielleicht zeigt sich in diesem Kreis und mit diesem Pferd, was mit der »Geometrie der Demokratie« gemeint war. Zuständigkeiten schälen sich heraus: Ist das jetzt diese Gewaltenteilung? Wer hat denn – hier, in diesem Kreis – überhaupt die Gewalt?

Mag sein, dass sich hier Allegorien auf die Demokratie verbergen, das Verhältnis von Individuum und Herde befragt wird. Besucher, Macher und Pferd spielen jedenfalls einige Aspekte davon durch. Die zwei Akrobaten und zwei Tänzerinnen von Overhead Project entwickeln in dieser außergewöhnlichen Raumsituation tänzerische Muster und Abläufe, bewegen sich um die Mitte, formen das Publikum und liefern es den unheimlichen Kräften aus. Alle Anwesenden versuchen, sich dem Pauschenpferd gegenüber zu positionieren, das als Pendel durch den Raum schwingt. Der Kopf weiß: Die Gesetze der Physik lassen sich nicht außer Kraft setzen. Der Bauch ahnt: Es gibt keine Sicherheit. Das fasziniert, macht Angst, erfordert Mut, eventuell Initiative und auch Allianzen. Und das sind Signale, die womöglich auf dem Heimweg oder auch danach noch zu verarbeiten sind.

Overhead Project führen mit Surround den wohlbekannten Herdentrieb der Theaterbesucher vor. Darum geht es heute nicht. Vielmehr ist es bemerkenswert und das Verdienst von Surround, diese soziale Situation so dermaßen auf die Spitze zu treiben. Die Idee von Herde und Kreis, die Gegenüberstellung von Drinnen und Draußen, die Orientierung an der Macht – das ist praktisch wie spielerisch hervorragend umgesetzt. Noch dazu ist der ganze Abend dramaturgisch schlau gebaut, greifen die einzelnen Elemente lückenlos ineinander, verweisen im Verlauf aufeinander, ist das Tempo nicht zu schnell, um den Anschluss zu verlieren, aber schnell genug, um Unsicherheit zu nähren. Die Inszenierung kann ihre Faszination entfalten – irgendwo im Grenzgebiet von Tanz, Akrobatik und performativer Installation – und sie entfaltet ihre Faszination mit Genuss.

Vielen Dank also für den Abend mit dem Pauschenpferd!

 

Weitere Nominierte für den Leipziger Bewegungskunstpreis 2018

DJANGO – EIN CARTOON-WESTERN – Larsen Sechert

Westernheld Django kehrt in seine Heimatstadt zurück. Er will sich rächen. An wem weiß er noch nicht. Da sich aber jeder gute Westernheld irgendwie rächen muss, wird auch Django sich rächen. Dieser Cartoon-Western enthält im Stile der Geräuschpantomime wesentliche Szenen aus Sergio Corbuccis gleichnamigen Film aus dem Jahre 1966. Dieser Film löste eine Welle von Django-Filmen aus.

Die Soloshow rast mit wilden Schießereien und absurd-grotesken Faustduellen von einem Spektakel zum anderen.

Larsen Sechert studierte an der Universität Leipzig Theaterwissenschaft, Soziologie und AV Literaturwissenschaft, woran er eine Schauspielausbildung zum staatlich anerkannten Schauspieler für Clown und Comedy an der Tamala Akademie Konstanz anschloss. Er war an zahlreichen theaterpädagogischen Projekten und Inszenierungen mit Jugendlichen, Kindern, Senioren und Theaterprofis in Deutschland, England, Spanien, Italien und Österreich beteiligt. 2003 gründete er das Knalltheater und ist seitdem deutschlandweit als Clown und Mime mit Kindertheaterprogramm, Improtheater und Inszenierungen unterwegs. Beteiligungen und Engagements an Projekten mit Krystallpalast Varieté, Theater Titanick, Theaterturbine, MDR Fernsehen, Theatrium, sowie für die Stadt Leipzig, Chemnitz, Gießen, Stralsund uvm.

Jurybegründung Larsen Sechert kann es – und dafür braucht er nur ein paar Hüte und Kartons. Mit präziser und energiegeladener Körperarbeit bringt er nicht nur die Figuren des „ruthless violent film“ und Italowestern-Klassikers von 1966 auf Trab, sondern vor allem die Phantasie des Publikums. Rasend schnell wechselt er zwischen verschiedenen Saloongestalten, berittenen Bösewichten, zwischen Sarg, Huhn, Treibsand, Kugelhageln, Djangos Liebschaft und einer unvergesslichen Schwingtür hin und her. Secherts Solo steckt an und beeindruckt. Durch das hohe technische Geschick, das das Spiel mit dem Unsichtbaren erfordert – und umso größeres sinnliches Vergnügen macht.

Spiel Larsen Sechert
DJ am Pult Andreas Vent-Schmidt
Mithilfe bei den Proben Martin Kiefer (Zirkusmanufaktur) und Matthias Marquitz (CamüVelü)

Foto: Silvana Kuhnert


UNSER GROßES ALBUM ELEKTRISCHER TAGE –
James & Priscilla in Kooperation mit den Cammerspielen Leipzig

Eine Gruppe von Kindern wird von ihrer Mutter verlassen. Statt ihren widersprüchlichen Erinnerungen nachzuhängen, entschließen sie sich, ihr Haus zu verlassen und sie zu suchen. Dabei stoßen sie an die Grenzen dessen, wer diese Frau überhaupt ist. Sie fragen sich, ob es so etwas wie feste Identitäten gibt und warum alle in ihren Rollen gefangen sind – sei es Mutter, Kind oder irgendetwas anderes.

James & Priscilla verschneidet den schillernden Text von Johanna Maxl mit Popsongs der letzten Jahre und erzählt so Geschichten aus der Sicht der Kinder (She was so good at being in trouble – Unknown Mortal Orchestra) und der Mutter (All you want is Nikes – Frank Ocean). Mit ihrer Form des minimalistischen Konzert-Theaters erschafft die Gruppe auf der Bühne ein Album voller Sehnsucht und den großen Versprechen von Pop-Musik: Emanzipation und Verbundenheit.

James & Priscilla arrangieren Texte und Musik aus Popsongs als Theaterinszenierungen. Das Ergebnis kann Pop-Oper genannt werden, minimalistisches Bildertheater oder abstraktes Live-Hörspiel. Durch den gezielten Einsatz von Gestik, Mimik und Andeutungen von Tanz ersetzen sie die große Geste und erschaffen eine zeitgenössische Form von Pathos. Die Gruppe wurde 2009 von Studierenden der Kulturwissenschaften und ästhetischen Praxis in Hildesheim gegründet. Die bisherigen Produktionen sind Badlands (2010), End of a Century (2011), The Love Below (2012), A Tender Age (2013), Nightcalls (2015) und Pop Music Pieces (2016). James & Priscilla hat bisher u.a. bei den Festivals theaterszene europa in Köln, Out Now! in Bremen, Spurensuche in Köln, Augenblick mal! in Berlin und Licht.blicke-Festival in Nürnberg teilgenommen.

Jurybegründung Memories are made of this: „Unser großes Album elektrischer Tage“ ist Low Budget Pop Oper über den Traumstoff der Kindheit und der Erinnerungen. Ein minimalistisches Musik-Theater der Hildesheimer Performancegruppe James & Priscilla, basierend auf dem Roman der Leipziger Autorin Johanna Maxl. Eine Bühnenphantasie in Lakonie und auf leuchtenden Schuhen.

Von und mit Clara Minckwitz, Felix Scheer, Nicolas Schneider, Aishe Spalthoff, Jasper Tibbe
Text und dramaturgische Unterstützung Johanna Maxl
Assistenz Miriam Bähr
Produktionsleitung Zwei Eulen – Büro für Kulturkonzepte

Eine Theaterproduktion von James & Priscilla in Koproduktion mit dem Cammerspiele Leipzig e.V.

Unser großes Album elektrischer Tage wird gefördert vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, der Stiftung Niedersachsen, dem Kulturbüro der Landeshauptstadt Hannover, der Hans Thomann-Stiftung und der LEIPZIGSTIFTUNG.

Foto: Jakub Šimčik

 

Weitere Bewerber 2018

GIFT – Eine Ehegeschichte

Ein Paar trifft sich zehn Jahre nach seiner Trennung in der Wartehalle eines Friedhofs wieder. Jener Friedhof, auf dem das gemeinsame Kind begraben liegt. Das Stück erzählt in einer dramaturgisch ausgefeilten und sensiblen Enthüllungsdramatik diese Wiederbegegnung. Im Verlauf des Dialoges wird klar, dass SIE und ER es nicht vermocht hatten, den Verlust ihres Sohnes, der bei einem Autounfall ums Leben kam, gemeinsam zu verarbeiten und die Beziehung nicht zuletzt an der gegensätzlichen Art des Trauerns zerbrochen ist. Während ER nach der Trennung versucht, sich langsam ein neues Leben aufzubauen, verharrt SIE in einem Leben, das den Verlust nicht akzeptiert.
Ein eigenartiger, schicksalhaft anmutender Anlass führt die beiden nach Jahren des Schweigens wieder zusammen und eröffnet den Raum für eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, mit dem anderen, mit sich selbst. Erinnerungen, lang gehegte Fragen, bisher unausgesprochene Vorwürfe verdichten sich zu einem schmerzhaft-klärenden Dialog, der die Themen Verlust, Tod und Trauer untergründig und niemals vordergründig verhandelt.
Die ungeheure Kraft des fragmentarischen Textes und die brillante Figurenpsychologie Vekemans lassen eine dichte Atmosphäre entstehen.

erweiterte zugeständnisse leipzig/wien

Beteiligte:
Verena Noll – Schauspiel
Peter Schneider – Schauspiel
Friederike Köpf – Regie
Robert Rehnig – Elektroakustik
Franz Schwarznau – Kontrabass

Foto: Detlev Endruhn


Caboom

CABOOM verbindet die musikalische Power des Stepp mit der Bildkraft des zeitgenössischen Tanzes: ein pulsierendes, leidenschaftliches, raubeiniges Stück über Chaos in Leben und Gesellschaft.

Chaos herrscht, wenn Situationen unberechenbar werden. Wenn Dämme brechen, Pläne scheitern. Wenn auf einmal alles gleichzeitig passiert oder ganz anders kommt als erwartet. Chaos bringt Individuen und Gesellschaften ins Taumeln.

CABOOM feiert das Chaos in einer vielschichtigen Komposition für fünf Tänzerinnen und Tänzer.

SEBASTIAN WEBER DANCE COMPANY

Beteiligte:
Andrea Alvergue (Madrid) – Tanz
Helen Duffy (London) – Tanz
Janne Eraker (Oslo) – Tanz
Nik Kemeny (Düsseldorf) – Tanz
Sebastian Weber – Tanz, Choreographie, Leitung
Michela Samaki Pesce (Rom) – Choreographieassistenz
Foto: Tom Dachs


Schrebers Prozess

Von der Vision zum Prozess – Das zweite Tanztheaterstück in den Leipziger Schrebergärten.
Noch einmal entwickeln sich die Parzellen der Kleingartenanlage Dr. Schreber zur Bühne, wo das Publikum einem performativen Rundgang folgt. Dabei liegt unser Fokus in diesem Jahr nicht mehr ausschließlich auf den Erziehungspraktiken des Vaters Schreber sondern auf den daraus resultierenden Schicksalen der betroffenen Generationen. Beleuchtet wird die Rolle der Frauen in Schrebers Umfeld sowie der Psychiatrieaufenthalt und der Gerichtsprozess seines ältesten Sohnes Paul Schreber.
Paul schrieb während seines Aufenthalts in der psychiatrischen Klinik sein Buch “Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken”. Einige Psychiatriepatienten um die Jahrhundertwende verfassten autobiographische Erzählungen, so genannte „Irrenbroschüren“, um die „Macht der Psychiatrie“ anzugreifen, Prozessgegner zu entwaffnen oder Verbündete im Kampf mit den Behörden zu gewinnen.
Schrebers Umgang mit dem Gericht, dem medizinischen Gutachter und seiner
Familie sowie seiner Ehefrau Ottilie Sabine Schreber, die eine wichtige Rolle in dem Verfahren spielte, werden im Stück Schrebers Prozess aufgegriffen und performativ bearbeitet.
So entstehen zum einen fragmentarische Bilder von Persönlichkeiten und der Zeitgeist ganzer Generationen, die von den Auswirkungen der schreberschen Erziehungsmethoden direkt betroffen waren, zum anderen findet das junge Publikum überraschende Momente mit sich und der Gegenwart.

urban collective (Ronny Hoffmann, Claire Wolff, Ramona Lübke, Anja Dietzmann)

Beteiligte:
Dramaturgie, Text: Damian Popp
Tanz: Ronny Hoffmann, Claire Wolff, Ramona Lübke, Anja Dietzmann
Gasttänzerinnen: Elisabeth Zunk, Nora Frohmann, Mechthild Taskas, Jule Grebe, Jolanda Lülsdorf, Josefine Schlät, Maria Ladapoulos, Maike Hautz
Schauspiel: Jennifer Demmel
Gesang: Paula Rohde
Musik: Hansi Noack
Kostümbild: Lenki Behm, Marianne Heide
Spezialtechnik: Robert Schiller
Licht, Video, Ton: naturton
Sprecherin: Ingeborg Wolff
Audioaufnahmen, Fotos: Benjamin Streitz


Forever Dead

Agnes und Lars sind vorbereitet auf die Zombie-Apokalypse. Sie haben die Zeichen der Zeit erkannt und warten auf den Tag X. Als es soweit ist, läuft nichts wie es soll. Die beiden müssen sich in einem leerstehenden Gebäude verschanzen und ihre Chancen auf ein Überleben neu durchrechnen. Aber der Horror vor der Tür lässt sich nicht aussperren. Angst, Paranoia und ein grausames Geheimnis brechen sich immer weiter Bahn, bis die beiden nicht mehr wissen, vor wem oder was sie überhaupt sicher sind.

Forever Dead ist eine Koproduktion von apocalyptic4 und den Cammerspielen Leipzig.

Beteiligte:
Text & Regie: Cynthia Friedrichs
Videos: Mira Sommer
Schauspiel: Katja Göhler & Kevin Körber
Musik: Rasmus Rudengren
Kostüme: Doreen Winkler
Foto: Mira Sommer


Sie könnten erst einmal so höflich sein, mir guten Tag zu sagen!

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
Marcel Proust 3 / 267-435

Jemanden „dissen“? Ist ein relativ neuer Begriff. Aber ein sehr alter Vorgang. Marcel Proust zum Beispiel wusste bestens Bescheid über diesen fragwürdigen Sozialsport. Die Lästerorgien der Adligen in seinem Jahrhundertwerk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ zeugen davon. Andere erniedrigen, um sich selbst zu erhöhen – das war freilich nicht nur in den Salons der Pariser Gesellschaft um 1900 verbreitet. Sondern ist quer durch die Zeiten, Schichten und Milieus zu beobachten. Wie behaupten Menschen ihren Status? Welche Mittel sind recht im Kampf um Rang und Existenz? Welche Rolle spielen Religion, Sexualität? Fragen, die den Regisseur Christian Fries mit Proust faszinieren. Fries hat ja schon in seiner Ibsen-Inszenierung „Rosmersholm“ („Höchst sehenswert!“, WN) das zeitlose Spiel um Macht und Manipulation seziert. Hier nun lässt er die subtile Hellsichtigkeit Prousts leuchten – die nicht selten eine comicverdächtige Komik birgt. Auch das gehört dazu. Das Dissen hat viele Gesichter.

Eine Produktion von neubau + AGGREGATE in Kooperation mit TheaterschaffT Leipzig, Theater im Pumpenhaus Münster und LOFFT – Das Theater.

Beteiligte:
REGIE+MUSIK Christian Fries
SCHAUSPIEL Astrid Kohlhoff, Verena Noll, Stefan Ebeling, David Fischer
BÜHNE+KOSTÜME+SZENOGRAFIE Silvio Beck
FOTO René Schäffer


Adolf macht Urlaub

Das Theater ADOLF SÜDKNECHT startet in den Urlaub – in Form der Theater-Sonder-Mini-Staffel ADOLF MACHT URLAUB.

In sechs in sich abgeschlossenen Episoden begibt sich die Seifenoper-Improschau in die Alpen. Das Theater ADOLF SÜDKNECHT wandelt dort auf den Spuren Erich Kästners, sowohl inspiriert durch seinen Roman „Drei Männer im Schnee“ als auch leibhaftig verkörpert durch einen Schauspieler, der sich vorher in Kästners Biografie vertieft hat.

Ein turbulenter Urlaub für den Kneipenbesitzer Südknecht, denn vor Ort wird er mit dem Schriftsteller Kästner verwechselt. Schnell stellt er fest, wie sehr ihm die Vorzugsbehandlung gefällt und er nimmt seine neue Rolle an.

Allerdings beginnt sich ab diesem Moment die Schraube von Verdrehungen, Ausflüchten, Liebschaften und Bedrohungen unaufhörlich zu drehen. Zu allem Übel kommt, dass der echte Kästner inkognito im Hotel untergetaucht ist und sich nun quasi mit seinem Alter Ego konfrontiert sieht.

Kästner hat fünf Epochen deutscher Geschichte durchlebt und gegen diese bewegenden Zeiten immer wieder in seinen Romanen und Drehbüchern (Schein)Welten gesetzt. In ihnen geht es zwar spannend, aber vor allem harmonisch zu und es endet immer glücklich. Jetzt steckt er in einer Schaffens- und Identitätskrise, von der er sich zu erholen sucht.

Zusammen mit Südknecht reflektiert Kästner schließlich seine Biografie und stellt sie kritisch seinem Werk gegenüber. Ein kleines Abenteuer, an dessem dicken Ende für Südknecht wie für Kästner die Beantwortung der Frage nach Schein und Sein steht.

Adolf Südknechts fiktive Geschichten werden versponnen mit den in Kästners angelegten Roman-Verwechslungen und mit Kästners dokumentierter Biografie. Dies vor dem Hintergrund einer landschaftlich spektakulär entrückten, aber sich vor den Weltgeschehnissen keineswegs verstecken-könnenden Kulisse.

Beteiligte:
Konzept: Armin Zarbock, August Geyler, Claudius Bruns.
Es schauspielen improvisierend:
Armin Zarbock – Adolf Südknecht
August Geyler – Friedrich Krause, Anton Südknecht
Larsen Sechert – Alle Zugreisende
Heike Ronniger – Die Liaison
Verena Noll – Hotelangestellte 1
Henriette Konschill – Hotelangestellte 2
Thorsten Giese – Erich Kästner
Martin Kreusch – Bergmensch
Live-Musik:
Claudius Bruns – Klavier
Frank Berger – Schlagzeug
Elena Lorenzon – Gesang
Foto: RobertAmarell


Papa Löwe und seine glücklichen Kinder

Ein großer Haufen Dinge, Lebendigkeit und Chaos als Anmutung einer Wohnung. Ein Löwe weckt morgens seine Frau, beide gespielt vom gleichen Spieler. Die Frau verabschiedet sich ins Büro. Der Löwe bleibt zu Hause mit seiner Arbeit am Computer und den sieben Kindern, ebenfalls vom gleichen Spieler animierte Puppen. Im Verlauf des Tages äußern die Kinder nacheinander sehr unterschiedliche Wünsche, die der Vater parallel zu seiner Arbeit erfüllt. Auch surreale Wünsche werden sofort in die Tat umgesetzt: ein Kind baut zum Beispiel mit dem Vater eine Rakete und fliegt damit ins Weltall. Es entstehen Szenarien einer kindlichen Phantasiewelt, die die Koordinaten der Arbeitswelt des Vaters aushebeln.

Ciacconna clox lädt zu einem Theater ein, in dem Kinderwelt und Erwachsenenwelt mal turbulent, mal nachdenklich, meistens lustig und immer liebevoll aneinandergeraten – zum Glück!

Beteiligte:
Spiel Stefan Ebeling
Regie
Jan Jochymski
Figurenbau
Franziska Eisermann
Kostüme
Norbert Ballhaus
Produktionsleitung
Josepha Vogel
Foto Falk Messerschmidt


ΒᾸΘΟΣII (BATHOSII)

Das Wort ΒᾸΘΟΣII (BATHOSII) kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet Raumausdehnung (d. h. Tiefe, Höhe, Breite, Fülle), aber auch Bedeutungstiefe. Die installative Performance BATHOSII ist eine empfindsame Wahrnehmungsreise, die Raum für eine besondere körperliche Tanzerfahrung schafft – eine Einladung, sich selbst in Beziehung zu den Körpern der Tänzer*innen zu erfahren. Mit Methoden aus Performance, Tanz und Bildender Kunst hinterfragt Charlie Fouchier die Trennung zwischen Publikum und Darstellenden. Die Unmittelbarkeit dieser körperlichen Erfahrung lässt fragile, sinnliche Bewegungen entstehen. Berührend und kraftvoll zelebriert BATHOSII tänzerisch die ungreifbare Andersartigkeit des Anderen.

Beteiligte:
Leitung: Charlie Fouchier
Tanz: Clara Sjölin, Nils Ulber, Charlie Fouchier
Kostüm: Marina Inanina
Licht: Thomas Achtner
Bühnenbild: Charlie Fouchier und Team
Foto: Thomas Puschmann


Come as you are # 2017

Was passiert, wenn syrische Tänzer, die in ihrer Heimat in Folklore- und Ballet-Tanzshows auftraten, auf die zeitgenössische deutsche Tanzszene treffen? Kann ein Mensch die Geschichte seines Körpers überwinden und eine neue Reise beginnen?

TOTAL BRUTAL zeigt den Prozess der Annäherung von Flüchtlingen an die Berliner Tanzlandschaft. Der Fokus des Projekts liegt auf den physischen Hürden ihres Alltags, auf ihren mentalen Veränderungsprozessen und neuen Begegnungen in der Großstadt.

COME AS YOU ARE #2017 ist die körperliche und theatrale Erkundung dreier Performer, deren tänzerischer Hintergrund sich radikal von der Berliner Szene unterscheidet und die nun aber in dieser Stadt angekommen sind und versuchen, sich in ihr zurecht zu finden. Ihre neuen Eindrücke von der hiesigen Kulturszene, neue Liebesgeschichten, Hoffnungen und tägliche Erfahrungen, die schnell zu Albträumen werden könnten, fließen in das Stück ein.

Beteiligte:
Choreographie und Regie: Nir de Volff
Tänzer und Performer: Medhat Aldaabal, Moufak Aldoabl, Amr Karkout
Licht: Asier Solana Arce (Berlin) und Andrej Schwabe (Leipzig version)
Foto: Bernhard-Musil

Einsame Menschen

Bei Familie Vockerat schwinden zunehmend Harmonie, Vertrauen und Wertschätzung. Spätestens nach der Taufe des Sohnes von Johannes und Käthe fällt der Vater in eine Sinn- und Lebenskrise. Mit seiner wissenschaftlichen Arbeit kommt er nicht voran, seine Ehefrau Käthe hält er für ungebildet und gleichgültig. Johannes‘ Vater spricht ihm ins Gewissen und appelliert unaufhörlich an dessen Glauben, den Johannes aber längst verloren hat. Selbst seine einzige Freundschaft setzt er auf`s Spiel, in dem er narzisstisch seinen vermeintlich richtigen Zielen folgt.

Die Inszenierung zeigt fernab einer naturalistischen Spielweise ein gestörtes Familienleben, das sich heute z. B. in immer höheren Trennungs- und Scheidungsraten offenbart. Warum scheint ein Zusammenleben über größere Zeiträume in der modernen Gesellschaft fast unmöglich? Mangelnde Konflikt- und Kompromissfähigkeit des Einzelnen? Gibt es heute zu viele Möglichkeiten sein Leben zu gestalten?

Einsame Menschen ist eine Produktion der Cammerspiele Leipzig

Beteiligte:
Besetzung: Anne Rab/ Jennifer Demmel, Victoria Schaetzle, Thomas Deubel, Falko Köpp, Dietmar Voigt
Regie: Danilo Riedl
Dramaturgie: Christoph Awe
Regieassistenz: Lisa Schulze
Kostümberatung: Josef Weitenbörner
Foto: Mathias Schäfer


Er war ja nicht mal deutsch, der Wald

In einer Kiste zwischen Kassetten mit Gutenachtgeschichten, aufgenommenen von seinem deutschen Großvater, findet der Schauspieler Soheil Emanuel Boroumand ein unbekanntes Tonband mit der Aufschrift „Russland“. Auf diesem sind die Erinnerungen des Großvaters an den Zweiten Weltkrieg zu hören. Erinnerungen, die er nie mit seiner Familie teilte. Auf der Kassette erzählt er sie mehrmals im selben Wortlaut. Die Wiederholungen gleichen einer Selbstvergewisserung und kreisen wieder und wieder um die Frage nach der eigenen Verantwortung und Schuld im Kontext des Genozids an den Juden.

Tonbandaufnahmen und persönliche Erinnerungen des Schauspielers an den liebevollen, gleichzeitig kühlen und distanzierten Großvater ergeben die Grundlage des Stücks. Es untersucht die Nachwirkungen der traumatischen Verbrechen des NS-Regimes auf die dritte Generation, ebenso wie die bis heute aktuelle Frage der Schuld vermeintlich passiver Mitläufer.

Das [naɪ̯n] theaterCoLaborativ ist eine Gruppe junger Theaterschaffender aus Leipzig und Berlin. Seit 2013 entstanden verschiedene Produktionen, die sich frei zwischen Sprechtheater, Performance und Hörspiel bewegen. Gefördert wurden diese u.a. vom Kulturamt Leipzig, der Kulturstiftung Sachsen und der Leipzig- Stiftung.

Beteiligte:
Text & Spiel: Soheil Emanuel Boroumand
Regie & Dramaturgie: Christian Udo Eichner
Video: Judith Meister
Bühnenbild & Ausstattung: Markus Braun
Konzept: Soheil Emanuel Boroumand, Sebastian Thiers, Christian Udo Eichner
Dramaturgie & Presse: Kyra Sell
Grafik: Jenny Fitz
Foto: Judith Meister


Götter und Helden – schmutzige Wäsche

Wer sorgt für den Ruhm, die Anerkennung? – Ich? Mein Biograph? Irgendein Geschichtenerzähler? Werden Helden oder Superstars geboren oder werden sie gemacht? Jeder Held, jeder Star mit einer makellosen Geschichte hat irgendwelche Flecken auf der weißen Weste, Dreck am Stecken oder Leichen im Keller. Man muß nur lange genug suchen. Endlich ist es soweit: Nach den Heldengeschichten des Odysseus, die das 3nsemble 23 in den vergangenen Jahren noch unter dem Namen Theater SÜDSTAATLER auf die Bühne gebracht hatte, erzählt die Truppe mit ihrem neuen Stück all die Geschichten, die nicht zu Heldenlegenden taugen.

Nach 10 Jahren Theaterarbeit unter dem Namen Theater SÜDSTAATLER tritt das neugegründete 3nsemble 23 mit seiner ersten inklusiven Produktion auf.

Beteiligte:
Es spielen: Franziska Hoff, Marie-Luise Hartmann, Monika Hartung, Nina-Maria Föhr, Silke Neumann, Balduin Schöpe, Michael Quasdorf u.a.
Musik: Roberto Fratta
Bühne: Sven Nahrstedt
Video: Laura Därr
Technik: Thomas Teichmann
Regie: Sebastian Mandla
Foto: die naTo


tacet oder der Klang des Schweigens

Eine Adaption des Hörspiels TACET (RUHE 2) von Paul Plamper.

Alle reden. Eine junge Frau namens Therese schweigt. Von einem Moment auf den anderen. Kein traumatisches Ereignis geht dem voraus, es geschieht einfach. Um die schweigende Frau gruppieren sich ihre Mitmenschen (Familie, Freunde, Therapeuten), die nichts unversucht lassen, Thereses „Zustand“ zu ergründen.

Thereses Haltung folgt einem Impuls, der sowohl die anderen Figuren als auch die Zuschauer vor ein schier unlösbares Rätsel stellt. Ihr spontanes „drop-out“ innerhalb einer Informations- und Kommunikationsgesellschaft erweist sich als subversiv. Das Schweigen provoziert, löst aber fatalerweise keine Probleme. Die Fragezeichen bleiben.

Der Berliner Hörspielautor Paul Plamper befasst sich in drei Hörspielen mit dem Thema Ruhe. TACET (RUHE2) offenbart durch das Schweigen die radikalste Konsequenz. In den Cammerspielen Leipzig wird mit „tacet oder der Klang des Schweigens“ erstmalig eine Adaption von Plampers Hörspiel auf die Bühne gebracht.

Woher? Wohin? Was ist der Mensch? Haben Beziehungen Sinn? Gibt es ein analoges Leben im Digitalen?

„tacet“ bietet keine Antworten. „tacet“ ist ein Angebot. In einer experimentellen Performance verbinden sich Sprech- und Tanztheater. Am Ende darf und muss gedacht werden.

Produktion der Cammerspiele Leipzig

Beteiligte:
Es spielen: Laura C. Jansen, Steffi Dautert & Alexander Aue
Regie: Marlen Riedel
Dramaturgie & Öffentlichkeitsarbeit: Christoph Awe
Bühne & Ausstattung: Anna Gierster
Produktionsleitung: Steffi Dautert
Assistenz: Jessica Pollnau
Fotos & Video: Thomas Bär
Trailer: Sebastian Gomon


herr.knecht

Ein Herr. Ein Knecht. Ein Grundstück. Eine Reise, die in einem Schneesturm endet. Während der eine nur an das Grundstück und den damit zu erreichenden Profit denkt, arbeitet der andere, damit der eine ebendies erreicht.

Wer ist Herr? Wer ist Knecht? Und wieso überhaupt? Kann man alles alleine erreichen, ohne sich jemanden zum Knecht gemacht zu haben? Sind wir nicht alle Knecht von irgendetwas? Während die einen Reichtümer zusammenraffen arbeiten die anderen für einen Hungerlohn. „Die glauben, dass alles vom Glück abhängt. Da, dieser Mironow, der ist jetzt Millionär. Und warum? Gearbeitet hat er, gearbeitet. Dann gibt’s einem der liebe Gott.“

„Warum bleibst du bei mir?“
„Warum behältst du mich?“
„Es gibt sonst niemand.“
„Es gibt sonst keine Stelle.“

Wassilij Andrejitsch hatte es in seinen zwei Pelzen ganz warm […] Nikita spannte unterdessen das Pferd aus.`Doch in der Not tauschen Herr und Knecht die Rollen. Die Hierarchie gerät aus dem Gleichgewicht: „Wassilij Andrejitsch gab keine Anordnungen mehr, sondern tat gehorsam alles, was Nikita ihn hieß.“

Beteiligte:
KONZEPT Tobias Amoriello, Paul Langemann, Max Immendorf
REGIE Max Immendorf MIT Tobias Amoriello, Paul Langemann
KOSTÜM Eva Cain
DRAMATURGIE Lisa Ahrens
LICHT Thomas Achtner
WERKSTATTMACHER*IN Manuel Wagner, Annkathrin Wick

Eine Produktion von ALI B. in Zusammenarbeit mit Werkstattmacher e.V. und LOFFT – DAS THEATER.
Gefördert von der Stadt Leipzig, Kulturamt und dem FSR Theaterwissenschaft.


Georg Büchner Fragmentstück

Der Mann auf dem Schafott heißt Woyzeck oder Danton oder Camille oder…
Die Falltür reißt das Maul auf und schreit nach Blut. Das Volk will mehr. Tanze, Woyzeck, tanze! Hier ist der Apparat. Steig ein! Wir spannen dich auf. Stülpen dich um, wie einen Handschuh. Drehen dich durch den Wolf, du Hund.

Als Georg Büchner 1837 mit nur 23 Jahren starb, hinterließ er drei Theaterstücke, eine Erzählung und wenige andere schriftliche Zeugnisse. Dennoch wirkt sein überschaubares und fragmentarisches Gesamtwerk bis heute wie ein Vorschlaghammer, geführt mit der Präzision eines Anatomen. Im FRAGMENTSTÜCK begegnen sich Büchners Protagonisten „auf freiem Felde“ am Fuße eines hölzernen Schafotts im zeitlichen Irgendwo. Sie laborieren an den gleichen Leiden. Sie leiden an der gleichen Erkenntnis: Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf und dem Wolf eine Bestie. Und die Bestie muss sterben. Quod erat demonstrandum.

Die Inszenierung bildet den Höhepunkt einer intensiven Beschäftigung mit Büchners klarsichtigem und gegenwärtig wirkendem Gesamtwerk. Sie begann mit einer Rekonstruktion der Hinrichtung des realen Johann Christian Woyzeck auf dem Leipziger Markt. Nach drei ortsspezifischen Lectures im Hörsaal der Anatomie, in der ehemaligen zentralen Hinrichtungsstätte der DDR und im Naturkundemuseum Leipzig führt sie nun in den Theaterraum der Schaubühne, wo sich Fundstücke der Recherche und Büchners Texte in einer neuen Fassung verknüpfen.

Eine Theaterproduktion der Schaubühne Lindenfels in Kooperation mit dem Schau-Ensemble

Beteiligte:
Schauspiel: Laila Nielsen, Marie Wolff, Raúl del Pozo, Johannes Gabriel, David Jeker, Mario Rothe-Frese
Regie: René Reinhardt
Dramaturgie: Friederike Köpf
Bühne & Kostüm: Elisabeth Schiller-Witzmann
Video: Thadeusz Tischbein
Assistenz: Jessica Hölzl, Tina Kämpfe
Technik: Jan Ehrlich, Benjamin Henkel
Foto: Mim Schneider


FCK!T

Eine choreographische Zerstörung der weißen Vorherrschaft.

„FCK!T“ macht auf den erfolgreich integrierten, gesellschaftlich tolerierten und fortgesetzten Rassismus aufmerksam und setzt ihm den eigenen Körper entgegen. Auf der Bühne entstehen Bilder, Räume und Gedanken, die den strukturellen, institutionellen Rassismus als Teil der westlichen Kultur und des Arbeitsmarktes verarbeiten und zerstören.

„FCK!T“ macht auf den erfolgreich integrierten, gesellschaftlich tolerierten und fortgesetzten Rassismus aufmerksam und setzt ihm den eigenen Körper entgegen. Auf der Bühne entstehen Bilder, Räume und Gedanken, die den strukturellen, institutionellen Rassismus als Teil der westlichen Kultur und des Arbeitsmarktes verarbeiten und zerstören.

„FCK!T“ ist eine Koproduktion von danaehelios a.k.a cobratheater.cobra und den Cammerspielen Leipzig.

Beteiligte:
Von und Mit: Mona Louisa-Melinka Hempel, Jenifa Simon, Raha Rezaei, Emiko Gilbert
Außerdem: $OFT
Komposition: Dario Quinones
Produktionsleitung: Calendal Klose
Foto: Hendrik Pupat


Drang

In der deutschen Sprache ist der »Instinkt« verwandt mit dem sechsten Sinn und dem Bauchgefühl, Immanuel Kant beschreibt ihn als „ein gefühltes Bedürfnis, etwas zu tun oder zu genießen, wovon man noch keinen Begriff hat“. Eine wissenschaftlich anerkannte Definition des Wortes existiert nicht, in Biologie, Pädagogik und Psychologie wird es trotzdem gerne genutzt.

Mit dem Stück »Drang« erforschen die Tänzerinnen die Zusammenhänge zwischen Physis und Psyche, Kopf und Bauch, Intellekt und Instinkt. Dabei stellen sie Fragen, die auch in der Forschung gestellt werden und beantworten diese auf ihre ganz eigene Art und Weise? Was ist eigentlich dieses Bauchgefühl? Warum können wir manche Menschen »überhaupt nicht riechen«? Wer braucht eigentlich einen Beschützerinstinkt und wie verändert sich der kindliche Bewegungsdrang, wenn im Alter körperliche Einschränkungen dazu kommen? Kennen wir unsere Instinkte? Und wenn ja, können wir sie verlieren oder sind sie eine Art neurologischer Hardware, fest verdrahtet und unveränderbar?

Der tanzZenit wurde 2006 von den Bühnentänzerinnen Undine Werchau, Johanna Kecke und Sophia Rändler in Leipzig gegründet. Neben seiner Arbeit im professionellen Tanz engagiert sich der Verein auch in soziokulturellen Projekten.

Beteiligte:
Von und mit: Undine Werchau, Johanna Kecke, Sophia Rändler
Foto: Jens Straube


version of_Gender*me

Ein performatives TanzSchauspiel, inspiriert von den Fragen
Was ist Mann? Was ist Frau? Was ist Mensch?
Wir suchen und entwerfen im Duo, Bewegungen und Formen nach dem männlichen und weiblichen Prinzip, verweben Texte u.A. von Lann Hornscheidt und Unika Zürn.

„Wie wohl wäre mir, könnte ich etwas sein, dass weder Frau noch Mann wäre. Gäbe es das, würde ich sogleich darin wohnen möchten. Vielleicht würde ich dann zu mir selbst – (oder zu Dir) kommen ?“ Unika Zürn


Beteiligte:
Milena Gürtler – Choreographie, Darsteller, Produktion
Gundula Peuthert – Choreographie, Dramaturgie, Darsteller, Technik
Foto – Kerstin Mauersberger