Der Bewegungskunstpreis
Leipzigs freie Szene ist vielseitig, bunt und bewegt – und dieses Engagement wurde 15 Jahre lang besonders honoriert. Seit 2005 wurde alljährlich der mit 5.000 Euro dotierte Leipziger Bewegungskunstpreis an eine herausragende freie Produktion des Tanz- und Sprechtheaters und der Performance-Kunst vergeben. Der Preis und das von 2014 bis 2019 stattfindende Bewegungskunst-Festival war Schaufenster der besten freien Produktionen der Stadt sowie Höhepunkt der Theatersaison. Am 1. Februar 2020 wurde der Leipziger Bewegungskunstpreis zum letzten Mal verliehen.
Idee, Konzept und Initialzündung für die Auslobung des jährlichen Kulturpreises gab der Vorsitzende des Leipziger Bewegungskunstvereins, Ronald Schubert – von Beginn an maßgeblich unterstützt durch die beiden Wochenblätter „Leipziger Rundschau“ und „Sachsen Sonntag“. Thomas Jochemko, als Geschäftsführer, setzte das von Helga Pappelbaum begonnene kulturelle Engagement kontinuierlich fort. Hinter dieser Idee steckte das Vorhaben, die darstellenden Künste in den öffentlichen Fokus zu rücken und das Engagement lokaler Produktionen zu würdigen. Ab 2012 stand der Bewegungskunstpreis unter Schirmherrschaft von Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung.
Der Name Bewegungskunstpreis trägt zum einen die Eigenschaft der darstellenden Künste in sich, immer bewegt und oft bewegend zu sein und zum anderen die Bewegung der Kultur durch bürgerschaftliches Engagement zur Förderung des Theaters, des Tanzes und der Performance-Kunst.
Die Preisfigur
In seiner Formensprache verkörpert der Figurenentwurf von Alexander Amm alles, was die Initiatoren des Bewegungskunstpreises inhaltlich mit der Auszeichnung würdigen möchten: Die Beharrlichkeit aller freien Tanz-, Theater und Performance-Künstler und deren Mut, künstlerische Arbeiten, die mit geringer Förderung auskommen müssen, trotzdem einem Publikum zu präsentieren. Sie bilden einen Bereich der Kunst, in dessen Mittelpunkt der Mensch, seine Bewegungen und seine Fähigkeit zum szenischen Verarbeiten stehen. Von Kunstschmied Theo Braun geformt und ins Leben geholt, verdichtet die Preisfigur diese Aussage in einer ästhetisch anspruchsvollen Arbeit.
Alle Preisträgerinnen und Preisträger
Foto: Thilo Neubacher
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Foto: Thilo Neubacher
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Foto: Thilo Neubacher
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Foto: Thilo Neubacher
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Nominierte Stücke für den Leipziger Bewegungskunstpreis 2019
Eine Koproduktion der Compania Sincara mit der Schaubühne Lindenfels.
Turandot? Ach ja. Hat man schon gehört… Oper! Puccini. Auch Brecht! Und das Märchen für Theater von Gozzi? Hat immerhin Schiller bearbeitet. Ist das nicht diese männermordende Prinzessin? Es geht jedenfalls um eine Kaisertochter, die einem Kandidaten nach dem andern, weil sie ihre Rätsel nicht erraten, den Kopf abschlagen lässt. Also allen, die Kaiser von China werden wollen. Für die abgeschlagenen Köpfe ist bald kein Platz mehr auf der Stadtmauer. Und andauernd ist Krieg. Kopfabschlagen und Krieg. Da gibt’s nichts zu lachen. Oder?
Bei Compania Sincara treten der Kaiser von China und seine Tochter als ›kleine Leute‹ auf. Dafür kommen fünf seltsame Vögel ganz groß raus. Einmal hatten diese dummen Hänse Posten am Hof von Zhōngguó, dem Reich der Mitte. Chef der Eunuchen der eine, des Dienstpersonals der andre. Drei saßen auf Ministerposten: für Finanzen, Justiz und Verteidigung. Nun sind sie wie die Zugvögel nach dem Winter zurück und zwitschern uns was von der Sache mit dem Quiz und dem Kopfabschlagen. Aber auch von andren Dingen, denn so wie in der Fremde studieren sie bald dort, bald hier immer mal wieder die Menschen. Kommt und seht, was sie herausgefunden haben!
Jurybegründung: Truffaldino, Chef der Eunuchen, setzt sich aus Versehen auf seine »liebe kleine Prinzessin Turandot« und zerquetscht gleich am Anfang die Hauptperson. Was nun? Trotzdem muss die Geschichte erzählt werden. Aber begeistert sind die von Gozzi bekannten Masken alias kaiserlichen Hofbeamten scheinbar nicht sofort. Teils zu viele Leichen im Keller (irgendjemand muss sich schließlich um die geköpften Heirats- und Thronbewerber kümmern), teils ist die Eunuchen-Rolle wortwörtlich zu »schwer«, teils gibt es Streit, ob »authentisch« oder »künstlich« zu spielen ist. Diese und andere erstaunliche Erfindungen präsentiert die Compania Sincara in ihrem neuesten Stück und »blamiert« sich dabei, wie Truffaldino befürchtet, ganz und gar nicht: Groß- und wichtigtuerisch, tänzerisch, mit Richtbeil und Mantel, bezauberndem Häubchen und einem Faible für guten Applaus ziehen die Masken mit einer ganz eigenen Märchenversion das Publikum auf ihre Seite. Wie im Programmheft zu TURANDOT nachzulesen ist: »Compania Sincara macht tolles Theater!« Da kann man nur zustimmen und hoffen, dass diese Hänse und Spottvögel uns Menschen in Leipzig und anderswo bald wieder beehren.
Compania Sincara unter der Leitung von Rico Dietzmeyer | Masken- & Figurenbau: Franziska E. Schubert | Es spielen: Rico Dietzmeyer, Felicitas Erben, Gwen Kyrg, Eric Schellenberger und Marie Wolff | Bühnen- und Objektbau: Lisa-Maria Totzke | Produktionsleitung und Licht: Christoph Püngel | Musik: Laurenz Welten | Assistenz: Julie Bader & Alejandro Vallejo Barguil.
Das Scenario wurde gemeinsam unter künstlerisch-schöpferischer Beteiligung aller Mitglieder der Compania erarbeitet.
Compania Sincara ist ein 2016 gegründetes Theaterkollektiv mit Basis in Leipzig. Der Name Sincara (von spanisch sin cara, »ohne Gesicht«) spielt auf die besondere Theaterarbeit mit Masken und Figuren an, durch die sich die Compagnie auszeichnet. In ihrem spielerischen Umgang mit neuen und historischen Spiel- und Erzählweisen schafft sie Theatererlebnisse voller Spielfreude und Poesie. Tourneen und Gastspiele führten sie bereits durch mehrere europäische Länder.
Eine Koproduktion der Compania Sincara mit der Schaubühne Lindenfels.
Foto: Ruslan-Hrushchak
Ein Maskentheaterstück der Gruppe Derweil über die Wiederbelebung Dreier, die durch ganz individuelle Auflehnung aus ihrer Isolation ausbrechen, über ungewöhnliche Wohnverhältnisse und die Absurditäten des Alltags.
Es tropft. Der Putz bröckelt von den Wänden und die einst so sorgsam ausgewählte Blümchentapete befindet sich in einem jämmerlichen Zustand. Der traurig daliegende Flur bietet auch dem Wind nur noch einen Anlass zum Heulen. Als da hinter einer der längst verlassen geglaubten Türen laute Grammophonmusik erschallt und eine verstaubte aber prunkvolle Dame den Flur betritt um ihre alltäglichen Ballettübungen zu beginnen, fängt auch der erste Eindruck an zu bröckeln. Das Morgenritual lockt noch weitere Gestalten aus ihren mehr oder weniger stabilen vier Wänden und bald wird der Flur wieder zum gemeinsamen Wohnzimmer umfunktioniert. Die Töpfe werden zum Waschen unter das poröse Dach gestellt, der Haus- und Flurmops führt seinen Besitzer eine Runde spazieren und Herbert sucht wieder einmal seine Socken. In diesem heruntergekommenen Gebäude, hat sich eine harmonische und absurde Gemeinschaft gebildet, die durch Kooperation und kreatives Umfunktionieren, sehr gut mit dem wackeligen Zustand ihres Heimes, leben kann. Es sind fünf oder sechs Menschen die diesen Ort, trotz des prekären Zustands, ihr Zuhause nennen. Die sich dem Verfall stellen und ihren Platz unter keinen Umständen räumen wollen. Im Laufe des Stückes zeigen sich die unterschiedlichen Motivationen der Figuren. Bei dem einen ist es sturer Trotz, beim anderen aktiver, politischer Widerstand gegen die Gentrifizierung und wieder andere, merken einfach gar nicht, wie sich der Zustand des Hauses immer weiter verschlechtert. Auch nicht, als der Druck der Außenwelt nach und nach, in die außergewöhnliche Idylle eindringt. Der Lärm der Baumaschienen und das sich ständig ändernde häusliche Umfeld, werden von den Protagonisten, erstaunlich gut in den Alltag integriert. Doch der wachsende Druck durch Bau- und Immobilienfirmen und durch die eigenen Angehörigen, wie auch der stetige, konsequente Widerstand der Bewohner*Innen, wird mit der Zeit zur Bewährungsprobe für alle Beteiligten.
Jurybegründung: So ein Treppenhaus ist eigentlich ein toter Ort. Meist schaut es auf verschlossene Wohnungstüren, und die Bewohner begegnen sich – wenn überhaupt – allenfalls zufällig und flüchtig. Der Hausflur der drei Überflüssigen hat ein geradezu überraschendes Eigenleben, und das nicht nur, wenn Regenwasser hineintropft. Die Bewohner sind vereinzelt und eher gedrückter Stimmung, die sich ohne Worte und – dank der Masken – ohne Mimik äußert; übrigens auch fast ohne Musik, vielmehr mit starkem Soundeinsatz. Somit bringt die Gruppe Derweil einen ungewöhnlichen Ausschnitt von Ausdrucksebenen in einen ungewöhnlichen Begegnungsraum, was den Interaktionen eigenen Charme verleiht. Bei allem bitteren Ernst der plötzlichen Anwesenheit von Leuten mit Klemmbrettern, die ohne Rücksicht auf die überflüssigen Bewohner den Hausflur begutachten, entstehen Lacher und damit eine fein austarierte Balance von Politik und Gags zwischen drei Wohnungen.
Theater Derweil
Spiel, Maskenbau, Konzept: Anita Gröbl, Philine Maidt, Sebastian Utecht | Regie: Aziza Bouizedkane, Richard Kimberley | Bühnenbild: Lisa Schoppmann | Bühnenbau: Jorik Maidt (Zirkuswagen Manufaktur Leipzig) | Sound, Geräusche: Nicolas Morgenroth, Olaf Simon | Licht Design: David Horsters | Requisite, Licht: Nicolas Ellerkamp | Video: Leon Naffin
Foto: Martin Dost
Bewerberstücke 2019
"KÄTHE - Vom Leben/Gezeichnet" ist ein Theater-Stoff, gewebt aus bildender Kunst, Dramatik und Zeitgeschichte. Im Zentrum stehen Käthe Kollwitz' Werk und Gerhart Hauptmanns Drama "Die Weber". Aus zweidimensionalen Grafiken entstehen dreidimensionale Theaterszenen. Skulpturen beginnen zu atmen.
„Der Krieg begleitet mich bis zum Ende“, notierte die Grafikerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz sechs Tage vor ihrem Tod am 22. April 1945 in ihr Tagebuch. Sie hinterließ ein zutiefst berührendes und erschreckend zeitloses Werk, das nur aufgrund eines authentisch und humanistisch gelebten Lebens möglich erscheint. Anteilnehmend an der Arbeit ihres Mannes Karl Kollwitz, der als Arzt v.a. in Berliner Arbeiterfamilien praktizierte, aber auch geprägt durch die Erfahrung beider Weltkriege, insbesondere des Verlustes ihres jüngeren Sohnes Peter, wurde die Darstellung des sozialen Elends und des vom Krieg verursachten Leids für ihr Lebenswerk bestimmend.
Die Inszenierung greift einzelne Werke, u.a. den Zyklus „Ein Weberaufstand“ und die Skulptur „Die trauernden Eltern“, auf und spinnt sie weiter. Holzschnitt wird zu lebendigem Schauspiel. Theater gefriert zu Bildhauerei. Grafik erwacht durch die Körper der Schauspieler zum Leben. Die Bühne als Webstuhl beginnt zu arbeiten und bildet die Brücke zu Gerhart Hauptmanns Drama „Die Weber“, dessen legendäre Uraufführung Käthe Kollwitz als junge Künstlerin miterlebte und die sie unmittelbar zu ihrem grafischen Zyklus inspirierte. Eingebunden in Tagebuchnotizen, Erinnerungen und Briefe nähern wir uns einer leidenschaftlichen Persönlichkeit, die nicht eher sterben wollte, als bis sie ihre „Aufgabe erfüllt“ habe und deren Lachen so laut gewesen sein soll, dass ihr ganzer Körper bebte.
„Wie war mein Leben stark in Leidenschaft, in Lebenskraft, in Schmerz und Freude.“ (Käthe Kollwitz, Tagebuchnotiz)
erweiterte zugeständnisse leipzig/wien.
Beteiligte:
Schauspiel: Laila Nielsen, Verena Noll, Johannes Gabriel, David Jeker und Statisten
Konzeption: Friederike Köpf und Verena Noll
Regie: Friederike Köpf
Ausstattung: Elisabeth Schiller-Witzmann
Bühnenmusik: Robert Rehnig
Foto: Schaubühne Lindenfels
COWBOYS ist ein grelles, anmaßendes Tanzspektakel über Populisten an der Macht.
Die Trumps und Gaulands, die Putins und Le Pens des Politikzirkus bevölkern das Panoptikum des Stücks. Ihre Schamlosigkeit und Egomanie wird der liberalen Mehrheit des Landes als tägliche Soap serviert. Fiebergeile Underdogs machen diese Cowboys erst zu Helden und geschockte Liberale befeuern den Kessel mit ihrer Aufrichtigkeit und Empörung. COWBOYS ist ein Tanz auf dem Pulverfass. Eine krachende Symbiose aus brillantem Stepptanz, Live-Musik und einer kruden, wütend-inspirierten Körperlichkeit. Eruptiv, schrill und berauschend.
Beteiligte:
Tanz: Andrea Alvergue, Helen Duffy, Janne Eraker, Vilma Kananen, Nikolai Kemeny, Jonas Nermyr, Sebastian Weber
Musik: Werner Neumann (git), Steffen Greisiger (organ), Tom Friedrich (dr)
Choreographie: Sebastian Weber + Company
Komposition: Werner Neumann, Steffen Greisiger
Assistenz: Michela Pesce
Kostümbild: Rebecca Löffler
Produktionsleitung: Josepha Vogel
Dramat. Beratung: Lidy Mouw, Guy Cools
Foto: Tom Dachs
von LEW TOLSTOI
mit Tanz, Schauspiel und Musik für Kinder ab 4 Jahren und Erwachsene
Lew Tolstoi, der sonst selten unter tausend Seiten blieb, hat, was nur wenige wissen, auch ein paar zauberhafte Miniaturerzählungen für Kinder geschrieben. Essenzen von etwa zehn Zeilen, die auf humorvolle und ergreifende Weise grundlegende Themen des Daseins berühren: Verbindung, Verantwortung, Liebe, aber auch Einsamkeit, Schmerz, und Tod werden nicht ausgespart.
ciacconna clox tanzt und spielt zum ersten Mal ein Stück für Kinder ab 4 Jahren und Erwachsene und erweckt die Tolstoischen Perlen zum Leben. Auf einer Bühne mit elementaren Dingen wie Stroh, Wolle, Erde und einem Brotteig agieren die Tänzerin Anna Städler (Berlin) und die Schauspielerin Katja Rogner (Dresden). Mit viel Musik und viel Humor verkörpern sie die Figuren - Kinder, eine Großmutter, sogar eine Hündin und einen Vogel und tauchen ein in deren Geschichten voller sinnlicher, archaischer Erfahrungen.
Die 2002 in Leipzig gegründete Compagnie ciacconna clox produziert Projekte für Kinder und Erwachsene, ursprünglich mit dem zeitgenössischen Tanz im Zentrum. Schon immer arbeiten Künstlerinnen und Künstler aus anderen Genres wie Schauspiel, Figurenspiel, Musik, bildende Kunst, Hörspiel sowie Video- und Filmkunst dabei mit. In einem offenen Entwicklungs- und Probenprozess entstehen anspruchsvolle Stücke mit starken und ungewöhnlichen Bildern.
Beteiligte:
Tanz: Anna Städler
Schauspiel: Katja Rogner
Regie: Stefan Ebeling
Musik / Bühne / Kostüme: Ensemble
Produktionsleitung: Josepha Vogel
Foto: Tom Schulze
Ein performativer Hör-Spaziergang zur Geschichte und Gegenwart von Cospuden.
Er ist noch keine 20 Jahre alt, aber trotzdem ist der Cospudener See eine Fundgrube für Erinnerungen, Geschichten und geschichtliche Ereignisse, die viel älter sind. Einige dieser Geschichten werden in dem inszenierten Hör-Spaziergang "Verschlungene Dörfer" neu zum Leben erweckt.
Ausgestattet mit Kopfhörern und MP3-Playern unternimmt das Publikum einen Spaziergang am Nordufer des Sees.
Der Weg führt an verschiedenen Stationen vorbei, an denen es nicht nur viel zu hören, sondern auch einiges zu sehen gibt. Die Gäste hören die Stimme einer alten Dame, die vom Cospuden der 50er Jahre erzählt, von sommerlichen Idyllen und fröhlichen Radtouren zur Milchbar. Andere Stimmen erzählen vom Tagebau und von den Protesten gegen ihn, wieder andere berichten von ihren Erlebnissen am Strand des jungen Sees.
Kleine Spiel- und Theaterszenen ergänzen die Erinnerungen der Zeitzeugen, und auch die Natur wird zur Mitspielerin. Wetter, Himmel und Wasser bilden das vielschichtige Bühnenbild für eine Theatererfahrung, in der Gegenwart, Vergangenheit, Unsichtbares und Sichtbares miteinander verflochten sind.
Die Inszenierung von Kulturkosmos Leipzig und den Theatermacherinnen Marlen Riedel und Johanna Dieme verknüpft Erlebnisse von Zeitzeugen mit historischen Fakten, aktuellen Beobachtungen und Zukunftsvisionen für die Landschaft zwischen Leipzig, Markkleeberg und Zwenkau; einer Landschaft, die innerhalb eines halben Jahrhunderts zwei tiefgehende Metamorphosen durchgemacht hat.
Beteiligte:
Künstlerische Leitung: Johanna Dieme, Marlen Riedel
Stimme: Fanny Kirst, Hans Henrik Wöhler
Fotografie: Norbert Vogel, Marcus Held
Produktionsleitung und Öffentlichkeitsarbeit: Angela Kobelt
Performer*innen: Josephine Raschke, Paula Raschke-Schmäche, Chrix Leo, Sandra, Carmen Orschinski
KomparsInnen
ZeitzeugInnen
Cospudener See
Foto: Kulturkosmos Leipzig
Ein seltsamer junger Mann namens Bartleby wird in einer New Yorker Anwaltskanzlei als Kopist eingestellt. Er bekommt einen Arbeitsplatz am Fenster. Wenn er hinausschaut, sieht er eine nackte Häuserwand. Seine Kollegen werden Ingwer-Keks, Truthahn und Kneifer genannt. Willkommen an der Wall Street!
Ohne besonderen Grund beschließt Bartleby eines schönen Tages seine Arbeit einzustellen. Zum Ärger seiner Kollegen und seines Vorgesetzten denkt er aber nicht daran, seinen Arbeitsplatz zu verlassen oder zu kündigen. Stattdessen sitzt er untätig an seinem Schreibtisch und beobachtet den Putz an der Wand. Jeder Kommunikations- versuch von Seiten seiner Kollegen endet mit einem höflichen, aber bestimmten: „I would prefer not to.“
Verweigerung, Subversion und Depression das sind die Spannungsfelder zwischen denen sich Bartleby in der neuen Koproduktion von DAS ÜZ und den Cammerspielen (Regie: Christian Hanisch) bewegt. Der Leipziger Schauspieler Thomas Deubel übernimmt dabei u. a. die Rolle von Bartlebys Vorgesetzten, der uns dessen absurd witzige und unverschämt traurige Geschichte erzählt.
Beteiligte:
Regie: Christian Hanisch
Dramaturgie: Christoph Awe
Schauspieler: Thomas Deubel
Foto: Mim Schneider
ADOLF SÜDKNECHT – DER AUFSTAND! zeigt eine künstlerische Aufarbeitung um die Tage des Aufstandes vom 17. Juni 1953 in der DDR aus Sicht einer Familie.
Das Theaterprojekt beleuchtet die Ereignisse und die Hintergründe des Volksaufstandes in der DDR, bei dem es zu einer Welle von Streiks, Demonstrationen und Protesten kam und der schließlich von der Sowjetarmee blutig niedergeschlagen wurde. Dabei sollen sowohl zeitgeschichtlich dokumentierte Vorgänge in Leipzig Eingang finden, als auch private fiktive Erlebnisse der Familie Südknecht.
In der theatralen Umsetzung werden die Geschehnisse in einen Bogen von mehreren Aufführungen gespannt, in dem sich im zeitlichen Spiel-Verlauf mehrere Tage um den 17. Juni 1953 erstrecken.
Neben der Hauptbesetzung mit zwei Schauspielern und einem Musiker spielen pro Episode zwei weitere Schauspieler und ein Gastmusiker mit. Zudem zahlreiche Statisten. Jede Episode baut zeitlich und inhaltlich aufeinander auf, wird aber dennoch dramaturgisch in sich abgeschlossen sein. So ist für die Zuschauer ein Ein- und Ausstieg in die Theater-Reihe jederzeit möglich.
Die Schauspieler erschaffen dadurch, dass sie sich lediglich einen dramaturgischen Rahmen vorgeben und alle Texte improvisieren, eine unikate und in ihren Emotionen authentische Aufführung. Sie recherchieren vorher sorgfältig die historischen Ereignisse, um sie im Augenblick des Spiels abrufen zu können.
Zielgruppe ist ein Publikum ab dem jugendlichen Alter.
Des Weiteren wird, wie immer in den vergangenen Jahren, jeder Abend aufgezeichnet und zum Abruf auf dem Adolf-Südknecht-Vimeo-Channel kostenlos zum Nachschauen bereitgestellt.
So hält das Theater ADOLF SÜDKNECHT an der bewährten Konzeption des Kneipentheaters fest und entwickelt es in behutsamen Schritten in die Zukunft weiter: „Zeitreisen aus dem Wohnzimmer der Weltgeschichte!“
ADOLF SÜDKNECHT – DER AUFSTAND! wird produziert in Kooperation mit dem Werk 2 Leipzig und dem Museum in der „Runden Ecke“ Leipzig.
ADOLF SÜDKNECHT – DER AUFSTAND! wird gefördert durch die Stadt Leipzig, Kulturamt und die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen.
Beteiligte:
ADOLF SÜDKNECHT besteht aus und die Projekte werden produziert und konzipiert von den professionellen Einzelkünstlern Armin Zarbock (Schauspiel), Claudius Bruns (Musik) und August Geyler (Schauspiel). Zusätzlich arbeiten bei den Projekten zahlreiche bundesweite Gäste mit.
Als Schauspielgäste bei ADOLF SÜDKNECHT – DER AUFSTAND!:
Alexander Terhorst (Halle), Nele Kießling (Hamburg), Urban Luig (Berlin).
Aus Leipzig: Barbara Trommer, Friedhelm Eberle, Raschid D. Sidgi, Susanne Bolf, Thorsten Giese, Philip Heimke sowie Eva Maria Schneider, Nicolai Rabenau und Alexander Eckardt.
Weiterhin Frank Berger, Nils Lieder, Micha Dietrich, Mirko Mandadiev, Alexander Plaul, Thomas Padepart, Christian Haß, Jürgen Manthey, Chris Heldner, Sandy Locker, Martina Philippi, Janet Treffkorn, Juliane Schröter, Xenia Buch, Maria Notacker und Lisa Böttcher.
Foto: Armin Zarbock
Leipzig City. Schönste Innenstadt Deutschlands! Sauber, sicher und voller Ambiente und Flair. Ein verkehrsberuhigter Gründerzeit-Kosmos zwischen den Autostraßen der Großstadt, der als öffentlicher Raum ein Zusammenkommen aller Menschen verheißt. Doch an manchen Stellen scheint die Fassade uns Finten zu stellen. Unmerklich verwandeln sich Orte, die allen gehören, in Orte, die bestimmte Menschen ausschließen. Zwischen den Fußgängerströmen der Haupteinkaufsstraßen stolpern wir durch ungenutzte Passagen, kullern von schrägen Bänken und sehen schlafende Menschen, eingehüllt von klassischer Musik.
Wer hält sich eigentlich in der Stadt auf? Sind manche Handlungen erwünschter als andere? Fühlen wir uns an bestimmten Orten unsicherer als an anderen? Welche Straßen laufen wir täglich entlang und welche schlagen wir nie ein? Welche »Befehle« befolgen wir jeden Tag, ohne ein Wort zu hören?
STUDIO URBANISTAN lädt zu einem persönlichen Date mit der Stadt, um der Architektur und den vielfältigen Stimmen des urbanen Raums zuzuhören. In einem performativen AUDIOWALK wird die Leipziger Innenstadt dabei zum utopischen Versuchsfeld, welches die intendierten Nutzungen der gebauten Realität in Frage stellt. SPEAK TO ME, PLACE!
Ein Projekt von STUDIO URBANISTAN in Kooperation mit dem Museum der bildenden Künste Leipzig. Gefördert von der Stadt Leipzig Kulturamt.
Beteiligte:
Künstlerische Leitung: STUDIO URBANISTAN (Julia Lehmann und Clara Minckwitz)
Produktion: Melanie Albrecht
Assistenz: Miriam Bähr
Foto: Jana Nowak
LOVE ME HARDER thematsiert den Einfuss von gesellschaflichen und gegenderten Machtpositonen auf unser Begehren: Wie bilden sich Konstrukte von Gender, Klasse und race in unserem Begehren ab? Welche zarten Formen von männlichem Begehren sowie dem Begehren an Männlichkeit sind denk- und performativ herstellbar? Männliche* Sexualität wird durch verschiedenste heteronormative Erzählungen konstruiert und beschränkt: gewaltätg, aktiv, fordernd, hetero. Wir suchen nach alternativen Möglichkeiten männlicher* Erotik, die im Bühnenraum hergestellt sowie nacherzählt wird. Dabei gehen wir sowohl diskriminierenden Aspekten in der Konstruktion von Begehren als auch unseren eigenen Privilegien nach. Besonders interessieren uns Blickanordnungen im Bühnenraum, durch die verschiedenste Begehrensebenen im Auführungsmoment erzeugt werden und queeres Begehren in den Blicken der Zuschauer*innen gegenseitg beobachtbar wird. In LOVE ME HARDER widmen wir uns der ästhetischen wie gesellschaflichen Frage, wie Geschlecht performativ konstruiert und wieder aufgelöst werden kann, wir arbeiten mit musikalischen sowie stark bildlichen Momenten im Schmusepalast, suchen nach fragilen Momenten von Intmität, bieten dem Publikum den Körper des Performers* als Projektonsfäche ihrer Phantasien an.
Eine Produktion von CHICKS* freies performancekollektiv in flausen, Koproduktion mit LOFFT – DAS THEATER und theater wrede+ Oldenburg.
Beteiligte:
KÜNSTLERISCHE LEITUNG Gianna Pargätzi + Marietheres Jesse
PERFORMANCE + MUSIK Elischa Kaminer
PRODUKTION Miriam Glöckler
ASSISTENZ Julia Zarth
Foto: Tom Dachs
Zwei junge Menschen, Oi und Sakko, finden in mehr als einem Dutzend Versuchsanordnungen immer wieder neu zueinander und kommen letztlich doch nicht zusammen. Die Inszenierung wirft einen Blick zurück auf das Leben der Punks in den 80er-Jahren und auf das Leben des verstorbenen Autors Thomas Brasch. Und sie fragt nach dem Heute: Geben Arbeit, Konsum und Besitz in der Gegenwart Halt? Was hat sich in den letzten 35 Jahren in unserem vereinten Land verändert? Nichts oder alles?
Beteiligte:
Es spielen: Victoria Schaetzle, Karina Zetzmann, Thomas Deubel
Regie: Danilo Riedl
Konzeptionelle Mitarbeit/Dramaturgie: Juliane Pfeiffer
Kostüm: Mirjam Zeise
Regieassistenz: Katharina Felde
Foto: Jens Dörre
Zwei Clowns – eine Leidenschaft – viele Probleme
Emil und Elisabeth Frankenstein durchleben gemeinsam die Höhen und Tiefen eines Lebens, das besessen ist von der Vision, eine Kreatur zu schaffen. Als ein Mafioso in ihre kleine verrückte Welt eindringt, steht ihr Leben plötzlich Kopf, und es beginnt eine wilde Reise, auf der sie ihre Ideale über Bord werfen müssen und die menschliche Unzulänglichkeit zu lieben lernen.
Ein rasantes Clowns-Abenteuer zwischen Perfektion und Liebe, zwischen Genie und Wahnsinn, zwischen Erfolg und Desaster, zwischen Frankenstein und seinem Monster, zwischen Emil und Elisabeth.
Beteiligte:
Es spielen: Anke Klöpsch & Pascal Keimel
Regie: Gerry Flanagan (Shifting Sands Theatre, UK)
Foto: Hendrik Brause
DAS MASSAKER VON NEW LEIPZIG ist ein "mixed-abled" Theaterprojekt in Koproduktion mit dem LOFFT mit zwei Schauspielerinnen mit Trisomie 21, einen 78-jährigen Sänger und Sprechtheaterschauspieler aus Kanada, einer Tänzerin, Performerin und Choreographin aus Griechenland, einem Musiker aus der Ukraine und dem Leipziger Square Dance Verein „1st Dancing Lions SDC e.V.“
Bryckenbrant
Beteiligte:
Darsteller: Debrecina Arega, Ronald Bird, Elpida Orfanidou, Grit Wagner
Musik: Vladimir Stramko
Bühne: Holden Deadfield
Kostüm: Josephin Berger
Maske: Lena Hille
Produktionsleitung: Nicole Mühlberg
Regie: Daniel Wittkopp
Foto: Thomas Puschmann
Die ZuschauerIn begibt sich in unser Kopfkino & nimmt an einer Selbstbefragung, einer Selbstauflösung teil. Die Leipziger Gruppierung Carminski Hauser entwickelt hierfür an den Cammerspielen ein Hörstück. Im Zentrum steht ein dramatischer Text in Form eines Verhörs, das sich an jede einzelne ZuschauerIn sowie die Publikumsgemeinschaft als Ganzes richtet. Auf der visuellen Ebene setzt ein performatives Videostück am Ausgangspunkt des Verhörs an, um die Selbstauflösung der Individuen im Publikum wortwörtlich in den Raum zu werfen. Die Dramaturgie ist kreisförmig. Genau wie der Zuschauerraum. Das Ende ist ein Neuanfang. Ein Hörstück mit Camera Obscura. Eine Begegnung der eigenen & kollektiven Haut. Ein Tauchgang im Sitzen. Eine Einladung. Darf ich dich was fragen? Was fragst du dich?
Im Stück geht geht darum, wie & ob man vom Individuum zum Kollektiv gelangen kann. Was steht zwischen uns & der Utopie? Wo bleiben wir hängen? Bei den eigenen Ängsten? Sind sie zu benennen, zu überwinden? Oder ist alles gut so, wie es ist?
Ein Hörstück mit Camera obscura | Carminski-Hauser-Kollektiv
NewCammer - Nachwuchsregisseure in den Cammerspielen
Beteiligte:
Markus Falk (Sprecher/Perfomance), Thomas Braungard (Sprecher), Stefan Hurtig (Video), Nick Hauser (Text), Carmen Orschinski (Regie/ Sprecherin/ Perfomance), Chris Michalski (Dramaturgie), AMORE MEOW (Musik (Theresa Elflein / Carmen Orschinski))
Foto: Carminski Hauser Kollektiv
Leinen los und bon voyage, die musikalische Tanzproduktion „1001 Leben“ lädt zur Expedition! Auf der Reise in die verborgenen Tiefen menschlicher Phantasiewelt werden neben Figuren aus dem bezaubernden und gleichzeitig abgründigen Kinderbuch Peter Pan auch all die Nimmerländer des 21. Jahrhunderts zu tanzen beginnen, die sich sonst gut zu verstecken wissen. Wer sich auf die Reise einlässt, wird auf subtile und humorvolle Art erleben, wie die Grenze zwischen Phantasie und Realität durch Musik und Tanz zu oszillieren beginnt...
Mehr als 100 Jahre nach Erscheinen des ebenso bezaubernden wie abgründigen Kinderbuches „Peter Pan“ und über 30 Jahre nach der Einführung der Diagnose des „Peter-Pan-Syndroms“ durch den amerikanischen Psychologen Dan Kiley sind offenbar nicht nur Einzelne vom „Pan-Syndrom“ betroffen, sondern es scheint ein größerer Anteil der gegenwärtigen Gesellschaft hieran erkrankt zu sein. Das 21. Jahrhundert – so wird deshalb bereits heute prognostiziert – wird das Jahrhundert der Nimmerländer gewesen sein. Es wird das Jahrhundert gewesen sein, in dem man unfähig war, Konflikte konstruktiv auszutragen, echte Bindungen einzugehen, Verantwortung zu übernehmen und sich vor allem vehement weigerte, erwachsen zu werden.
Unter diesem Gesichtspunkt lässt die Tänzerin und Choreographin Juliette Rahon in ihrer musikalischen Tanzproduktion „1001 Leben“ die Phantasiewelt Peter Pans noch einmal vor den Augen des Publikums aufleben und mit der unmittelbaren Gegenwart aufeinandertreffen. Die Welt der Phantasie und die erlebte Realität begegnen sich in „1001 Leben“ in aller Schärfe, beide Welten kommentieren sich und eröffnen die Möglichkeit der gegenseitigen Erforschung und Reflexion.
Die Übertragung der phantastischen Welt des Nimmerlands auf das 21. Jahrhundert schärft dabei nicht nur den Blick für die Schattenseiten der zunächst trügerisch-paradiesisch aussehenden Welt Peter Pans, sondern lässt uns auch erkennen, wie viel Phantastisches und Utopisches in der vermeintlich ausschließlich rationalisierten Gegenwart enthalten ist…
Durch die Überblendung von Phantasie und Realität entsteht in „1001 Leben“ ein utopischer Zwischenraum, der eine andere Körperlichkeit, neue Bewegungsqualitäten und Dynamiken, aber auch eine schöpferische Musikalität herausfordert und entstehen lässt.
Beteiligte:
Tanz: Katie Douglas (AUS), Alicia Varela Carballo (ESP), Charlie Fouchier (FRA), Robert Söderström (SWE)
Regie, Choreografie: Juliette Rahon (FRA)
Projektleitung: Josephine Bock (DE)
Komposition/Cello: Léonard Frey-Maibach (FRA)
Komposition/Flöte: Sébastian Jacot (CH)
Foto: zenna.de
Theateradaption des Billy Wilder - Klassikers "Eins Zwei Drei"
Für einige gilt die schnelle und schrille Komödie über die Situation im geteilten, aber noch grenzoffenen Berlin 1960 als die beste filmische Auseinandersetzung mit dem Kalten Krieg. Nicht obwohl, sondern gerade weil es eine Komödie ist.
Beteiligte:
Regie: Volker Insel
Mitarbeit: Danilo Riedl
Schauspieler: Britta Boehlke, Elena Weiß, Stephan Thiel, Armin Zarbock
Grafik: Thomas M. Müller
Foto: Danilo Riedl
Das Stück „Animal Instincts“ behandelt die Frage des demokratischen Zusammenlebens und die in uns verwurzelten Widersacher, die dieser Idee entgegenstehen.
Der Mensch ist im Kern seines Wesens ein Eigenoptimierer. Im demokratischen Verbund flackern Ängste um das eigene Überleben oder um das Zu-kurz-kommen auf und das Individuum reagiert mit einer natürlichen Ausgrenzung. Ausgehend von dieser These stellt das Stück das Postulat in den Raum, dass diese Ängste in der Tiefe verwurzelte Instinkte sind, die noch aus einer frühen evolutionären Entwicklungsepoche stammen und die das Gedankenkonstrukt der Demokratie nicht mit den in uns verwurzelten animalischen Instinkten in eine Schnittmenge bringen lassen.
Das Stück beschäftigt sich mit den in uns liegenden animalischen Instinkten sowie mit deren Unterdrückung im angepassten, gesellschaftlichen Kontext. Gleichzeitig dreht sich das Stück um die verlorenen animalischen Instinkte, die uns vor Gefahren und der Umwelt schützen. Es geht um die nonverbale, animalische Intelligenz, die mit der Entwicklung der Hochkultur sich mehr und mehr verliert. Eine Art Instinkt-Intelligenz, die wir mehr erahnen als erfassen. Wenn wir den Kreislauf von der eigenen Optimierung und Ausgrenzung durchbrechen wollen, so kann dies nur auf einer Ebene der Bewusstwerdung unserer instinktiven Handlung und unter Inbezugnahme unserer geistigen Entwicklung geschehen. Dem Reaktiven die bewusste Entscheidung aus der gedanklichen Reflektion entgegen zu setzen ist die einzige Möglichkeit, einen weiteren Entwicklungsschritt in der demokratisch und kollektiven Idee zu vollziehen.
Beteiligte:
Tänzerinnen: Daniela Wölfel, Jilian Neuburger, Maria Ladoupolos, Natalie Sesé Cabello, Miriam Arbach, Mona-Bawani Mühlhausen
Foto: Betty Pabst
Von der Klassengesellschaft zu sprechen ist von gestern. Oder doch nicht? Sind wir denn jemals in der nivellierten Mittelstands-Gesellschaft gewesen? “Es ist immer wieder bestürzend, wie unmittelbar fotografierte Körper aus der Vergangenheit, einen sozialen Körper darstellen, den Körper einer Klasse“, sagte Didier Eribon in “Rückkehr nach Reims”, seiner Autobiographie eines gesellschaftlichen Aufsteigers. Klassenverhältnisse bestimmen unser Bewusstsein, unseren Geschmack, unser Geschlecht und unsere Beziehung zu anderen. Klassenverhältnisse trennen und verbinden. Mit und ohne Klassenbewusstsein.
In einer Reihe offener Workshops befragten wir Leipziger*innen auf ihren soziokulturellen Hintergrund und ihre Partizipationsmöglichkeiten in der Gesellschaft. Dafür versammelten wir Leiharbeiter*innen, Angestellte, Erwerbslose und Werk-Arbeiter*innen und fragten: Wie hängen unsere Interessen mit unserem Klassenhintergrund zusammen und wie sind wir gesellschaftlich repräsentiert? Wir wollen einen erleb- und erfahrbaren Zusammenhang zwischen unserem eigenen soziokulturellen Hintergrund und unserer gesellschaftlichen Urteilskraft herstellen. In einer "szenischen Feldanalyse" begeben wir uns zusammen mit Teilnehmerinnen und Publikum mit bereits erprobten Mechanismen in einen Aufgaben-Parcours, um unserem eigenen Klassenhintergrund zu begegnen. Spielerisch loten wir unsere soziokulturellen Hintergründe sowie moralische, politische und ästhetische Einstellungen aus.
Beteiligte:
Performance: Matthias Sterba, Melanie Sterba, Carmen Orschinski
Team: Justus Wenke, Katharina Becklas, Tina Mamczur, Magali Raßmann, Jean Jacobi, Michael Jooß
Gäste Performance: Carmen Salas Cardenas, Carolin Otto, Stine Siegmeier, Wiebke Reinsch, Lukas Herber
Foto: Justus Wenke
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